Landesverband Epilepsie Bayern e.V.

Corona und Epilepsie

Corona und Epilepsie

Epilepsie ist in mein früheres Leben ohne Vorwarnung eingebrochen: Ich habe ein Studium im naturwissenschaftlichen Bereich abgeschlossen und war jahrelang berufstätig, zuletzt im Allgäu.

Die komplex-fokalen Anfälle habe ich zunächst gar nicht bemerkt, weil ich dabei ja kein Bewusstsein habe. Komisch waren die kleinen Unfälle mit dem Auto, die ich mir gar nicht erklären konnte und auch keine Erinnerung hatte. Ungefähr 40 Jahre alt war ich da.

Aber ich hatte Glück, es ist nichts Schlimmes passiert. Irgendwann war dann klar, dass diese Ausfälle epileptische Anfälle sind. Mein Leben hat sich grundlegend geändert: Führerschein weg, Arbeitsplatz weg. Irgendwann wurde der Rentenantrag bewilligt.

Mit Hilfe der Medikamente konnte die Anzahl der Anfälle erheblich reduziert werden. Es ist wahnsinnig gut geworden, anfallsfrei bin ich trotzdem nicht. Manchmal mache ich auch komische Dinge während der Anfälle und bin dann auch kaum lenkbar, so sagen mir die anderen, die dabei sind. Meine Freunde und Bekannten haben mich so genommen wie ich bin. Sie unterstützen mich auch in Anfallssituationen.

Ein Risiko gibt es immer, zum Beispiel beim Überqueren von Straßen. Damit muss ich leben. Es ist schon auch lustig: Während der Anfälle mache ich manchmal seltsame Dinge oder ironische Bemerkungen.

Einen Traum habe ich mir erfüllt nach dem Auftreten meiner Erkrankung: Ich reite weiterhin regelmäßig in Begleitung eines Reitlehrers, der über die Erkrankung Bescheid weiß. Als Kind durfte ich nicht reiten, meine Mutter hatte zu viel Angst. So fing ich erst sehr spät mit Mitte Zwanzig mit dem Reiten an.

Oft holt mich der Reitlehrer mit zwei Pferden an der Haltestelle ab. Wir reiten im Wald, auf Feldwegen, immer in kleinen Gruppen und unter Beaufsichtigung. Alle sind erfahren und kennen mich gut. Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Pferden, zu Tieren allgemein. Diese Ausritte bedeuten mir viel.

Corona erschwert natürlich vieles zusätzlich. Wir müssen damit auf längere Sicht leben. Es gibt ja noch keine Medikamente. Aber nie wurde so viel und so schnell erforscht wie für Corona. Es sind ja einfach alle betroffen. Von Epilepsie sind nicht so viele Menschen betroffen. Aber momentan kann man mehr gegen Epilepsie tun als gegen Corona: Es gibt ja Medikamente. Ich wünsche mir, dass man mehr weiß über den Zusammenhang von Corona und chronischen Erkrankungen, auch was die medikamentöse Behandlung betrifft.

Ja, vielleicht gibt es auch Parallelen zwischen Epilepsie und Corona: Man weiß nie, wie es genau weitergeht. Man muss mit der Ungewissheit leben. Ich halte mich an die Regeln und an den Abstand. Ich gehe vor allem zu Zeiten raus, wo nicht so viele Leute unterwegs sind. Individuelle Risikominimierung ist auf jeden Fall gut. Was die Auswirkungen von Anfällen betrifft und was Corona betrifft.

Ich möchte immer optimistisch bleiben und versuche, die manchmal komische Seite der Dinge auch zu sehen.

In totalitären Systemen kann Corona auch noch für andere Zwecke missbraucht werden, bei uns ist das glücklicherweise nicht so. Ich finde es erschreckend, dass so viele Menschen die Coronapolitik abwerten oder übertrieben finden. Die gegenseitige Verantwortung für einander ist doch wichtig.

Ich informiere mich gut - über Epilepsie und über Corona.

Ich will nicht meinen Humor verlieren. Die Dinge sind oft schwierig, haben manchmal aber auch lustige Seiten. Freunde sind wichtig und Lieblingsbeschäftigungen wie das Reiten.

Emma, Betroffene, 63 Jahre