Ich gehe einen besonderen Weg mit einem wachen Geist und einem kaputten Körper

Ich bin Franzi, 24 Jahre alt. Zum Teil lebe ich noch bei meiner liebenden Familie. Für den anderen Teil gehe ich mein eigenes Leben. In Gersthofen lebe ich mit meinem WG-Partner Michi in einer eigenen Wohnung. Das freie Leben in meiner Wohnung ist mir mein liebstes Gut! Damit das gelingt, gibt es Assistenten, die mit mir leben und mich unterstützen. Sie sind auch fit mit der Technik der gestützten Kommunikation. Mit der Buchstabentafel kann ich mich mitteilen und schreiben. Meine liebe Mutter plant und organisiert, damit alles reibungslos läuft. Sie alle kämpfen mit mir für ein gerechtes, freies, selbstständiges Leben.

Erkrankung, Behinderung? Ich fühle mich nicht als Erkrankte. Ich gehe einen besonderen Weg mit einem wachen Geist und einem kaputtem Körper.

Seit etwa 1 Jahr habe ich keine Anfälle mehr, der gute Dr. M. hat den richtigen Medikamentencocktail für mich gefunden. Es war ein langer Weg voller Plagen. Stürze, Schmerzen, Müdigkeit und "das hässliche Gesicht der Epilepsie", haben dazu gehört. Ich bin so dankbar; mein Arzt und meine Mutter haben viel Geduld und Mut gehabt.

Das Leben ohne Anfälle macht mich freier. Sie haben mir aber auch gezeigt, meinen Körper besser zu spüren und Gefühle zu zulassen. Manchmal lauern noch Anfälle in mir. Die wollen mich hineinziehen in die versunkene Welt. Dann massiere ich meine Hand, drücke sie fest und kann mich dadurch wieder in der Gegenwart verankern.

Ich brauche viel Ruhe und Kraft, aber ich muss auch mal powern können. Das richtige Maß habe ich nicht immer gefunden. Dann hat die Epilepsie mit Anfällen eingegriffen. Jetzt bin ich weiser geworden und achte auf meine Grenzen.

Wichtig sind mir gute Beratung und Begegnung. So ist mir das Epilepsie-Cafe der Beratungsstelle ein wertvoller Ort zum Austausch geworden.

Ich bin ein Freigeist und arbeite als freie Redakteurin bei der AZ und Lieslotte. Man kann auch Lesungen mit mir buchen. Ich schreibe Gedichte und Texte und freue mich sehr über mein neu erschienenes Buch "Überraschungsei", Reise einer Seele in einem behinderten Körper. Wer interessiert ist, mehr von meiner Weltsicht zu erfahren, wird daran sicher Gefallen finden.

Ich wünsche mir achtsame und ehrliche Mitmenschen, die nicht über uns lachen oder schräg gucken. Glaubt nicht, wir seien dumm.

Mein besonderes Leben lässt mich immer weiter zur wissenden, weisen Frau wachsen. Ich bin äußerlich kaputt, doch innen fühle ich mich rein und schön. Ich sehe genügend Menschen, da ist es andersrum - schöne Hülle und Innerstes kaputt. Ich will nicht tauschen!

Franziska Ottlik, Betroffene, 24 Jahre